Parteien und Wahlen in Backnang

In der Zeit vor dem Nationalsozialismus, also vor 1933, war Backnang auf Grund der vielen Gerber- und Lederfabriken eine Arbeiterstadt und deswegen eine Stadt bei der die Kommunisten, wie die Kommunistische Partei (KPD) zahlreich und die Nationalisten eher eine Minderheit waren. Des Weiteren gab es noch die Zentrumspartei, die eher mit, als gegen die Nazis gearbeitet hat. Das Problem in Backnang war, dass die KPD versäumte etwas für ihre Mitglieder zu machen, während die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) wuchs. Außerdem wurde heftig zwischen der KPD und Sozialdemokratischen Partei (SPD) gestritten.

Gasthaus „Linde“
Gasthaus „Linde“.

Am 2. Februar 1931 ging dies sogar soweit, dass die Nationalsozialisten das Lokal der Kommunisten angriffen. Die dort Sitzenden waren zwar weniger, aber sie verteidigten ihr Lokal, indem sie die Nationalsozialisten mit Flaschen und andere Sachen bewarfen. Die Situation kochte hoch, so dass einige Kommunisten zur Schusswaffe griffen. Am Ende wurde einem Angreifer ins Auge geschossen und ein Mann der Schutzstaffel hatte einen Streifschuss am Kopf. Beide überlebten. Auf Seite der Kommunisten waren nur vier Leichtverletzte zu beklagen. Diese Aktion wurde „Rache für Nagold“ genannt. In der Nacht zuvor war ein 24-jähriger Nationalsozialist in Nagold bei einem Zusammenstoß von Links und Rechts gestorben.1

Gasthaus „Germania“.
Gasthaus „Germania“.

Im ländlichen Raum Backnangs, tendierten insbesondere die Landwirte zu den nationalsozialistischen Parteien. Dies wird deutlich anhand der Wahlergebnisse. In Oppenweiler erreichte die NSDAP bei der Wahl im Juli 1932 ein Rekordhoch von knapp 70 Prozent. Allerdings gab es auch hier in der Umgebung Ortschaften wie Ebersberg, die gegen Hitler waren. Dort konnte sich stets das Zentrum behaupten. Als einer der wichtigsten Gründe dafür kann man die katholische Religionszugehörigkeit deuten.2

Was den Nazis allerdings maßgeblich zum Sieg verhalf, waren die Wähler, die sich nicht einig waren und stets andere Parteien wählten. Dies konnte die NSDAP für ihre Zwecke nutzen, denn mit steigendem Verfall der Weimarer Republik zog es die Wähler ins Extreme. Es gab sechs Millionen Arbeitslose und niemand traute der Weimarer Republik noch zu, an diesem Zustand etwas ändern zu können. Es wählten viele Hitler, da er versprach die Arbeitslosigkeit drastisch zu senken. Die Mehrheit der Arbeitslosen, in Backnang auch die Arbeiter, wählten die KPD.

Hitler konnte nach seiner Machtergreifung, viele neue Arbeitsplätze schaffen, so dass es keine Arbeitslosigkeit mehr gab. Dies verhalf ihm zu großem Ruhm im Volk. Allerdings war dies nur möglich, da er die Kriegsmaschinerie ankurbelte und viele Arbeiten vom Reichsarbeitsdienst (RAD) verrichten ließ. Grundsätzlich waren viele „Errungenschaften“ Hitlers nur zum Zwecke des Krieges erschaffen worden. Zum Beispiel war die Autobahn vom RAD nur erbaut worden, um Soldaten und Panzer schneller von einem Ort zum anderen transportieren konnte. Gewöhnliche Leute benutzen diese kaum, da nur wenige ein Auto besaßen.

Die Nationalsozialisten zählten Kommunisten und Sozialisten zu ihren Hauptfeinden. Eine systematische Verfolgung wurde seitens der Regierung durch die Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar 1933 beschlossen. Diese Verordnung wurde durch den Brand des Reichstages hervorgerufen. Die Nationalsozialisten beschuldigten den kommunistischen Niederländer Marinus van der Lubbe ihn angezündet zu haben.

Die Reichstagsbrandverordnung bot zunächst die gesetzliche Grundlage für eine Reihe von Verhaftungen gegnerischer Kandidaten zur bevorstehenden Reichstagswahl und für Eingriffe gegen alle Personen und Vereinigungen, deren Existenz oder Tätigkeit die bevorstehende Umgestaltung Deutschlands im nationalsozialistischen Sinne hinderte. Nach der Machtergreifung Hitlers 1933 war es anderen Parteien nicht mehr möglich sich zu organisieren, da man damit rechnen musste in ein Konzentrationslager (KZ) abgeführt zu werden. Viele der Kommunisten und Sozialdemokraten die sich widersetzten wurden verhaftet und landeten in einem Straflager, wie es z.B. in Heuberg eines gegeben hatte.

Wahlen in Backnang

20. Mai 1928

Bei dieser Wahl hatten die extremen Parteien noch keine guten Chancen, denn in den „Goldenen Zwanziger“ ging es der Bevölkerung durch einen weltweiten wirtschaftlichen Aufschwung sehr gut. Da die beiden extremen Parteien (NSDAP und KPD) große Feinde der Weimarer Republik waren, ist davon auszugehen, dass die Bevölkerung noch Vertrauen in die Weimarer Republik hatte. Die extremen Parteien waren eher Minderheiten.

14. September 1930

Es kam wieder Neuwahl, da Reichspräsident Hindenburg den Reichstag aufgelöst hatte. Dies war von großer Bedeutung für die NSDAP, da sie sich von einer bedeutungslosen zur drittstärksten Partei hocharbeiten konnte. In Backnang hatte niemand mit so einem Erfolg der NSDAP gerechnet. Der Anteil der extremen Parteien lag schon bei dieser Wahl in Backnang bei 45 Prozent.

Juli 1932

Der wirtschaftliche Aufschwung war vorüber. Deutschland hatte sechs Millionen Arbeitslose und immer heftiger werdende Auseinandersetzungen zwischen Rechts und Links waren die Folge. Das machte sich klar bei den Ergebnissen bemerkbar. Zwei Drittel aller Backnager wählten extreme Parteien gewählt. In Backnang lag die NSDAP nah beim Reichsdurchschnitt (37,4 Prozent) und die KPD (25,2 Prozent) konnte sogar über dem Landesdurchschnitt zulegen.

6. November 1932

Bei der nur drei Monate späteren Wahl blieb alles auf den ersten Blick gleich, aber wie sich herausstellte, musste die NSDAP landesweit einen Verlust von zwei Millionen Stimmen hinnehmen. Zu beachten war bei dieser Wahl, dass einige ehemalige sozialdemokratische Wähler zur KPD übergelaufen waren, dies verhalf ihnen zu einer kleinen Verbesserung.

Partei Dez 1924 1928 1930 Jul 1932 Nov 1932
SPD 9,2 16,4 13,3 12,0 10,6
KPD 26,8 22,0 22,1 25,2 26,9
NSDAP 3,1 2,0 16,3 37,8 32,3
Rechtsblock 21,6 9,8 7,4 3,5 10,1
DDP 6,8 8,3 8,9 2,3 2,8
DVP 6,9 9,8 1,2 1,7
Zentrum 2,9 2,6 2,5 3,4 3,2
Bauernbund 10,7 10,7 7,8 4,4 5,3
Sonstige 0,4 13,3 21,7 7,2 7,0
Wahlbeteiligung 78,8 69,1 80,8 78,1 71,5
Gültige Stimmen 4.168 3.886 4.835 4.759 4.536
Wahlergebnisse in Backnang (Angaben in Prozent).3

Anhand dieser Ergebnisse bemerkt man, dass Backnang nach 1930 immer Hochburg der Extremisten gewesen ist. Erstaunlich ist aber, dass sowohl die NSDAP, als auch die KPD sich behaupten konnten. Anders als in vielen anderen Städten, wo sich meist nur eine Partei mit weitem Abstand oben halten konnte.

Vergleich Backnang und Berlin

Der große Unterschied bestand darin, dass die KPD 10 Prozent mehr Stimmen in Backnang hatte als auf Reichsebene und die SPD 10 Prozent weniger. Das lässt darauf schließen, dass die KPD in Backnang Sozialdemokraten gewinnen konnte. Bei dieser Wahl konnten die Nationalsozialisten sich noch nicht behaupten. Sie waren zwar stärkste Partei, aber dicht gefolgt von SPD und KPD. Von der absoluten Mehrheit waren sie noch weit entfernt.

Partei Stimmen in % Veränderungen in % Sitze Veränderungen Sitze Anteil an Sitzen in %
SPD 20,4 -1,2 121 -12 20,7
KPD 16,9 2,6 100 11 17,1
NSDAP 33,1 -4,2 196 -36 33,6
DVP 1,9 0,7 11 4 1,9
DNVP 8,5 2,6 52 15 8,9
BVP 3,1 -0,1 20 -2 3,4
Zentrum 11,9 -0,5 70 -5 12,0
Sonstige 4,2 0,4 14 1 2,1
Gesamt 584 -24 100
Ergebnisse der Reichtagswahl vom 6. November 1932.4

Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP)

Hier ist ein Name ganz entscheidend. Alfred Dirr, langjähriger NSDAP-Kreisleiter, war einer der Gründerväter der NSDAP in Backnang. Nur durch ihn wurde es möglich, die NSDAP von einer Splitterpartei zu der größten Partei Backnangs zu machen. Diese Informationen stammt aus seinen eigenen sehr detaillierten Dokumenten.

Die Machteroberung der NSDAP verlief anfangs ziemlich schleppend, da sie nach dem Hitlerputsch vom 9. November 1923 verboten wurde. Erst am 28. Juni 1928 wurde die Ortsgruppe in Backnang erneut gegründet. Anfangs zählte sie nur zwölf Mitglieder und dies blieb auch ungefähr zwei Jahre lang so.

Des Weiteren wurde ebenfalls im Juni unter dem Ludwigsburger SA-Sturmführer Roland Roth die SA in Backnang gegründet. In schwieriger Kleinarbeit wurde um jedes Mitglied für die Partei geworben, dies war nur durch schlagkräftige und zuverlässige Mitglieder möglich. 1932 hatte die NSDAP im Kreis Backnang schon elf Ortsgruppen.

Die NSDAP nahm zum ersten Mal bei der Reichstagswahl am 14. September 1930 teil, dabei setzte sie auf Kundgebungen, auf denen begabte und geschulte Redner neue Mitglieder anwerben sollten. Damals waren der Gasthof „Linde“ und das Bahnhofhotel ein berühmter Treff für die Nationalsozialisten. Der Gasthof „Linde“ gehörte Dirrs Vater und interessanterweise wohnte lange Zeit in der Dachetage ein Kommunist, Friedrich Weller, der von der Familie Dirr geschützt wurde. Deswegen wurde dieses Haus auch als „das braune Haus mit dem roten Dächle“ bezeichnet. 5

Veränderungen im Gemeinderat

Seit 1932 war die NSDAP im Gemeinderat in Backnang vertreten, einer der Mitglieder war Alfred Dirr. Nach dem Reichstagsbrand in der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933 und der darauffolgenden Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar 1933, wurden auch in Backnang Kommunisten ihres Amtes enthoben.

Nach der Machtübernahme Adolf Hitlers am 31. Januar 1933 und dem Ermächtigungsgesetz vom 23. März, wurde auch im Backnanger Gemeinderat alles umgekrempelt. Nach diesem Ermächtigungsgesetz war nur noch ein Sozialdemokrat, Gottlob Meier (SPD), im Gemeinderat vertreten. Alle anderen waren entweder schon verhaftet und somit im Lager Heuberg oder blieben der Sitzung fern. In einer Sitzung am 23. März, einen Tag vor Inkrafttreten des Ermächtigungsgesetz, wurde über die neun Anträge Alfred Dirrs abgestimmt (siehe nächster Abschnitt). Die Schlussabstimmung war 14 zu 1, nur Maier hatte gegen alle neun gestimmt, da sie unter anderem auch ein sofortiges Vorgehen gegen Linke beinhaltete. Nach dem am 31. März erschienenen Gesetz der Gleichschaltung, wurde am 5. Mai der Gemeinderat neu bestimmt und es waren nur noch Nationalsozialisten darin vertreten.

Insgesamt verlief die Machtübernahme im Vergleich zu anderen Städten in Backnang ruhig. Das lag daran, dass in Backnang „nur“ die KPD einen großen Stand gehabt hat, es aber keine starken Positionen von SPD oder DDP gab, wie z.B. in Stuttgart, Esslingen oder Heilbronn. Alfred Dirr ermahnte auch die SA zum gemäßigten Eingreifen, da er den Machtwechsel so schnell wie möglich ohne Zwischenfälle vollzogen haben wollte.

Es gab auch Leute, die früher Kommunisten gewesen sind und dann nach der Machtübernahme Hitlers zu den Nationalsozialisten gewechselt sind. Ein Beispiel hierfür ist Ernst Vogel, der zuvor in der Roten Sturmfahne gewesen ist. Er erklärte in einem Schreiben vom 18. August 1933 an den Reichsstatthalter Murr, dass er nur Kommunist gewesen sei, da er glaubte es sei das Beste für Deutschland. Aber er sei von dieser Partei äußerst enttäuscht worden und jetzt, da er bemerkt habe, dass er auf dem falschen Weg sei, wolle er auch ein Nationalsozialist werden, der Führer, Volk und Vaterland dienen wolle. Solche Leute versuchten auf die andere Seite zu gelangen, da sie sonst mit Verschleppung oder großen Haftstrafen rechnen mussten. Sie wurden auch gerne integriert, da man sich so erhoffte, den Widerstand gegen das Regime klein zu halten.6

Man muss aber deutlich zum Ausdruck bringen, dass die größten Widersacher der Nazis die Kommunisten und die Sozialisten waren und dieser Wechsel eine Ausnahme war. Das große Problem war aber, dass diese beiden Parteien sich gegenseitig besonders uneinig waren. Außerdem war es problematisch, dass die Kommunisten im ganzen Land nicht mit politischen Argumenten gegen die Nazis vorgingen, sondern durch Gewaltakte, die nach der Regel Auge um Auge, Zahn um Zahn durchgeführt wurden. Dies führte in der Bevölkerung zur Abneigung gegen die Kommunisten und stärkte die Nationalsozialisten, die für Ordnung sorgten.

Die Bedeutung des Gemeinderatsbeschluss vom 23. März 1933 für die Geschicke der Stadt

Zur Zeit dieses Beschlusses befand sich die politische Lage Backnangs in einem Umschwung. Die KPD war auf Grund des Verdachtes der Beteiligung beim Reichtagsbrand weiterhin illegal, die SPD durch Diskriminierung nur schwach vertreten und am Rande der Illegalität. So setzte sich der Gemeinderat hauptsächlich aus Anhängern der NSDAP oder DNVP zusammen.

Wesentlicher Inhalt der Gemeinderatssitzung zum 23. März 1933 waren neun Anträge, die, angesichts der vorgegangenen politischen Umstellung, für notwendig erachtet wurden.

Die Anträge lauteten:

  • Die kommunistischen Mitglieder des Gemeinderats aus diesem auszuschließen.
  • Den Marktplatz zu Ehren des Reichskanzlers in Adolf Hitler Platz umzubenennen.
  • Den Hindenburgweg zu Ehren des Reichspräsidenten in Hindenburgstraße umzubenennen.
  • Die dem Turnerverband zur Verfügung gestellte Seminarturnhalle diesem zu entziehen.
  • Die der Harmonie gewährte Benützung der Baracke im Schulhof zu entziehen.
  • Etwaige Zuschüsse an marxistische Organisationen sind zu streichen.
  • Gutscheine der Wohlfahrtsfürsorge dürfen nicht mehr auf Filialgeschäfte, Konsumvereine, Einheitspreisgeschäfte und jüdische Geschäfte ausgestellt werden.
  • Warenaufträge der Stadt dürfen nicht mehr an die unter 7. genannten Geschäfte erteilt werden. Die Aufträge sind an die anderen Geschäfte gleichmäßig zu verteilen.
  • Die marxistischen Zersetzungsschriften und -Bücher sind aus der Stadtbibliothek zu entfernen.7

Diese Regelungen sind Bestandteil der damaligen nationalsozialistischen Politik und standen zu dieser Zeit auch außerhalb Backnangs in den meisten Gemeinderäten zur Diskussion. Ebenso waren Umbenennungen von Plätzen und Straßen zu Ehren der Führer Gang und Gebe. Der Ausschluss der Kommunisten aus dem Gemeinderat wird ergänzt durch die Streichung der Arbeiterbewegung, Turn-, Musikgruppen und Geschäften, sowie der Entfernung der „verbotenen“ Schriften aus der Bücherei wie z.B. „Im Westen nichts Neues“.

Diese Veränderungen ebneten den Weg für den nächsten Bürgermeister Dr. Albert Rienhardt, der Backnang auf Grund seiner guten Kontakte nach Oben ab 1933 in festen Händen haben sollte. Die Punkte 1 bis 9 wurden mit 14 gegen 1 Stimme im Gemeinderat angenommen.

Der erste Mai 1933 (Tag der Nationalen Arbeit)

Der erste Mai hat seit 1890 eine besondere Bedeutung als internationaler Kampftag der Arbeiter. Kennzeichnend hierfür sind Demonstrationen für kürzere Arbeitszeiten und bessere Arbeitsbedingungen. Diese wurden oft durch Polizeiübergriffe auffällig.

Ab 1933 wurde der 1. Mai durch die Nationalsozialisten ein gesetzlicher Feiertag, damals benannt als „Tag der nationalen Arbeit“.8 Der erste Mai 1933 in Backnang stand zunächst für ein großes Fest, welches den Bürgern Zusammenhalt bringen sollte, jedoch war es mit Teil der nationalsozialistischen Propaganda. Am Morgen des 1. Mai wurden, wie in anderen Städten, die Straßen und Häuser Backnangs mit Girlanden und Fahnen geschmückt. Ab 8 Uhr morgens standen die Türen der Betriebe offen und ließen eine Besichtigung zu. Menschenmassen pilgerten durch die Straßen und der spätere Feldgottesdienst auf der Bleichwiese brachte Tausende Menschen zusammen und steigerte die Euphorie noch.9

„Es sei nochmals besonders darauf hingewiesen, dass die Aktion nur zum Wohle der Gewerkschaftsmitglieder eingeleitet wurde.“ Ein Zitat aus dem Murrtal-Boten vom 2. Mai 1933 zeugt von eine traurige Ironie, da doch die Gewerkschaften am nächsten Tag, auf Hitlers Verlangen hin, verboten wurden.10 Auf dieses Verbot hin wurden die Gewerkschaftshäuser besetzt um mögliche Auseinandersetzungen sofort niederzuschlagen. Später folgte eine Zwangsmitgliedschaft der Arbeiter in der Deutschen Arbeitsfront (DAF), eine von der NS gegründeten „Gewerkschaft“, bei der die Leitung der Betriebsleiter innehatte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der 1. Mai 1946 durch den alliierten Kontrollrat bestätigt. Maikundgebungen durften jedoch nur in beschränkter Form durchgeführt werden. Der 1. Mai ist in der Bundesrepublik Deutschland nach den Feiertagsgesetzen der Bundesländer ein gesetzlicher Feiertag.

Beginn der Juden- und Minderheitenverfolgung

Ab 1933 gab es in Backnang zwei jüdische Bürger, namentlich waren das Emanuel Feigenheimer und Dora Caspary. Des Weiteren gab es sechs Personen, die einen jüdischen Elternteil hatten und von der nationalsozialistischen Sprachregelung Mischlinge oder Halbjuden genannt wurde. Die wenigen in Backnang lebenden Juden waren in die restliche Bevölkerung integriert.

Die Marktstraße in Backnang
Die Marktstraße in Backnang.

Der Lederzurichter Karl Robitschek betrieb eine Lederfabrik und hatte eine christlich getaufte Frau. Seine Großeltern hatten auch schon christliche Frauen, die Kinder erzog er auch christlich. Außerdem war er politisch aktiv. Emanuel Feigenheimer, der mehr als Robitschek an seinem jüdischen Glauben hing und oft die Synagoge in Bad Cannstatt aufsuchte, war ebenfalls mit einer Nichtjüdin verheiratet.

Vergleich zwischen Quellen und Gemeinderatsbeschluss

Die Ausschreitungen in Backnang blieben in Backnang moderat. Am 1. April 1933 soll zwar vor dem Geschäft von Dora Caspary ein SA-Posten gestanden haben, das Leben in Backnang ging aber völlig „normal weiter“. Die Diskriminierung der Juden war auch in der folgenden Jahren moderat. Sie durften z.b. noch zum Zahnarzt gehen oder ihre Geschäfte behalten. Karl Robitscheck war sogar befugt, ein arisches Dienstmädchen zu beschäftigen. 1937 begann aber die vom Stuttgarter Wirtschaftsministerium aus verfügte Arisierung seines Betriebs. Zunächst musste er seinen Posten als Geschäftsführer räumen und schließlich wurde er ganz entlassen. Bürgermeister Rienhard konnte infolgedessen dem Wirtschaftsministerium melden: „Nichtarische Unternehmen befinden sich hier keine.“11

Dora Casparys Geschäft wurde nach ihrem Wegzug ebenfalls arisiert.12 Als nichtarischer Arbeiter wurde Feigenheimer gemeldet. Er war am 23. Mai 1901 in Backnang geboren und war aufgrund der nationalsozialistischen Sprachregelung Volljude. Von 1933 bis 1937 hielt er sich mit seiner Frau in Trier auf, da er dort Arbeit fand. 1937 kehrte er nach Backnang zurück. Von 1937 bis 1939 fand er in der Lederfabrik von Karl Robitschek Arbeit, dann wurde er entlassen. Von den örtlichen Parteistellen erfuhr er keine Diskriminierung. Kreisleiter Alfred Dirr, der gleichaltrig und ein Klassenkamerad von Feigenheimer war (mit dem er sich sogar duzte), behandelte ihn nach Meinung seiner Ehefrau mit Respekt. Jedoch bat Alfred Dirr, Feigenheimer auf die Kreisleitung zu ihm sichtlich unangenehmen Unterredung um ihm mitzuteilen: „Emanuel, ich kann nichts mehr machen, Wandere doch um Himmels willen aus!“

Als im Oktober 1941 für Juden im Reich Arbeitspflicht angeordnet wurde, bekam Feigenheimer von der Stadtverwaltung eine Stelle als Straßenkehrer zugewiesen. Lebensmittelkarten standen ihm nicht zu. Allerdings sahen das die Bürger anders, so schob man laut Aussage von Frau Feigenheimer, ihm immer mal wieder Lebensmittelkarten aus Kreisen der Bevölkerung zu und sie konnte auch in der Metzgerei illegal Essen beschaffen.

Am 11. Februar 1945 erhielt Feigenheimer einen Bescheid, sich nach Bietigheim zum geschlossenen Arbeitseinsatz zu begeben, denn nun sollten auch Juden aus Mischehen in ein Konzentrationslager gebracht werden. Von Bietigheim aus wurde er nach Theresienstadt deportiert, überlebte aber glücklicherweise, wenn auch stark entkräftet. Ende Mai 1945 kam er wieder nach Backnang zurück und starb 1969.

Keiner der in Backnang nach 1933 registrierten Juden musste infolge des nationalsozialistischen Rassenwahns sein Leben lassen. Diese Informationen ist verwirrend. Es stimmt zwar, dass es nur wenige Juden gab, allerdings ist es schwer zu glauben, dass das Leben für die Juden, selbst in Backnang normal weiterging. Warum wurde denn im Gemeinderatsbeschluss folgendes festgelegt:

Punkt 7: „Gutscheine der Wohlfahrtsfürsorge dürfen nicht mehr auf Filialgeschäfte, Konsumvereine, Einheitspreisgeschäfte und jüdische Geschäfte ausgestellt werden.

Es sei ein Teil des Kampfes der nationalsozialistischen Bewegung, den Mittelstand aus den Klauen der Schmutzkonkurrenz zu befreien. Solange die genannten Geschäfte noch bestehen, sei es selbstverständlich, dass sie seitens der Stadt nicht unterstützt werden.

Des Weiteren durfte die Firma Stroh ab dem 24. August 1933 das notwendige Material zum Zeitungsdruck nicht mehr bei jüdischen Lieferanten kaufen.13

Das ist das Gegenteil zum Text von Dr. Rolf Königsstein, was stimmt jetzt? Wurden die Informationen mit Absicht verharmlost? Diese Informationen stammen aus dem Buch „Alfred Dirr – NSDAP-Kreisleiter in Backnang“. Allerdings sind die Gemeinderatsbeschlüsse original, das heißt, es kann keine subjektive Meinung eingeflossen sein, wie es bei dem Buch der Fall sein könnte. Daraufhin habe ich mich mit dem Autor Dr. Rolf Königstein am Telefon auseinandergesetzt.

Nach einem Telefonat mit Königstein am 29. Juni 2007 von 20.00 Uhr bis 20.25 Uhr, war er immer noch der selben Ansicht, man könne nicht soviel über die jüdischen Bürger in Backnang sagen, es hielt sich mit der Verfolgung und der Diskriminierung in Grenzen und verwies wieder auf seine Arbeit, wo ich alles noch einmal nachlesen sollte. Naja, der Gemeinderatsbeschluss sagt etwas anderes aus und man muss nun entscheiden welcher Ansicht man Glauben schenken möchte. Wirtschaftliche Aspekte

Fußnoten
  1. 100 Jahre Murrtal-Bote.
  2. Entwicklung der Grammzahl und Seitenanzahl pro Woche des Murrtal-Boten 1902 bis 1931.
  3. 70 Jahre deutsche Geschichte im Spiegel des Backnanger Murrtal-Boten, S. 97 ff.
  4. Wikipedia: Reichstagswahl November 1932
  5. Alfred Dirr NSDAP-Kreisleiter in Backnang, S. 175.
  6. Alfred Dirr NSDAP-Kreisleiter in Backnang, S. 125 ff.
  7. Stadtarchiv Backnang, Gemeinderatsprotokoll vom 23. März 1933.
  8. Wikipedia: Erster Mai
  9. Murrtal-Bote, Ausgabe 30. April 1933.
  10. Murrtal-Bote, Ausgabe 30. April 1933.
  11. Alfred Dirr NSDAP-Kreisleiter in Backnang.
  12. Zu einem deutschem Geschäft gemacht.
  13. Gemeinderatsbuch 23. März 1933 (S. 226/227).

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